Wer meinen Blog schon länger verfolgt, weiß, dass ich in einer ganz bestimmten Genre zu Hause bin und selten andere Bücher lese. Ich bevorzuge Jugendbücher im Bereich der Fantasy und Dystopien und ab und zu schaffen es auch reine Lovestorys oder Gruselgeschichten in mein Regal, aber das sind wirklich nur Ausnahmen. Wie in vielen Bereichen des Lebens, sollte man jedoch auch mal über seinen Tellerrand hinweg schauen und nach Abwechslung suchen. Was liegt da näher, als sich bei seinen Liebsten umzusehen und nach Empfehlungen zu fragen? Genau das habe ich auf jeden Fall getan und meine Mutter hat mir als große Thriller- und Krimileserin unter anderem Bücher von Sebastian Fitzek ans Herz gelesen. Sie hat zwar auch noch ein paar andere Autoren genannt, aber nachdem ich letztes Jahr auf der Frankfurter Buchmesse war, habe selbst ich den Namen Fitzek mit Bestsellern in Verbindung gebracht. Den Hype um einen deutschen Autor, der selbst internationale Erfolge feiert, wollte ich gerne nachvollziehen können.
Ein weiterer Grund, warum ich mich für Sebastian Fitzek entschieden habe, war die Inhaltsangabe seines ganz neuen Romans:
Es ist der 8. 8., acht Uhr acht.
Sie haben 80 Millionen Feinde.
Werden Sie die AchtNacht überleben?
Stellen Sie sich vor, es gibt eine Todeslotterie.
Sie können den Namen eines verhassten Menschen in einen Lostopf werfen.
In der „AchtNacht“, am 8. 8. jedes Jahres, wird aus allen Vorschlägen ein Name gezogen.
Der Auserwählte ist eine AchtNacht lang geächtet, vogelfrei.
Jeder in Deutschland darf ihn straffrei töten - und wird mit einem Kopfgeld von zehn Millionen Euro belohnt.
Quelle und Kaufmöglichkeit: Droemer-knaur
Wie so viele hat auch mich diese Beschreibungen sofort an "The Purge" erinnert - hierbei handelt es sich um eine 2013 gestartete Filmreihe, die bis jetzt drei Teile umfasst. Tatsächlich gibt Sebastian Fitzek sowohl in seiner Vorrede als auch in der Danksagung an, dass er sich von diesen Filmen hat inspirieren lassen. Warum? Das Grundprinzip ist einfach faszinierend: Um die Kriminalitätsrate niedrig zu halten, führt die USA eine alljährliche 12-stündige „Säuberungs-Nacht“ durch, in der alle Verbrechen inklusive Mord legal sind. Polizei, Feuerwehr und Krankenhäusern sind nicht mehr erreichbar und nur die allerhöchsten Regierungsbeamten unantastbar. Das soll den Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Probleme zu lösen oder einfach mal ihrem gewalttätigen Trieb nachzugeben, ohne mit einer Strafe rechnen zu müssen.
Ich jedenfalls bin ein riesengroßer Fan dieser Filmreihe, habe alle Teile im Kino und noch mehrmals zu Hause gesehen und warte schon sehnsüchtig auf die nächste Fortsetzung.
Kommen wir jetzt aber mal zurück zu "AchtNacht" und der ersten ernüchternden Erkenntnis: Das Buch spielt im ersten Jahr der Durchführung, die Todeslotterie ist also noch sehr unbekannt. Die meisten Menschen halten sie für fake, weil sie von einem unbekannten Internetbetreiber und nicht von der Regierung selbst organisiert wird. Noch dazu, muss man sich als Jäger anmelden und 10€ bezahlen, um später überhaupt für die Siegprämie in Frage zu kommen. Das heißt der Satz "Sie haben 80 Millionen Feinde." ist absoluter Schwachsinn, es sind höchstens ein paar Tausend.
Natürlich ist es super, dass Sebastian Fitzek wirklich seine eigene Geschichte geschrieben hat - und nicht nur das Szenario aus den USA nach Deutschland verlagert hat - aber spannungsmäßig reicht sie leider nicht annähernd an "The Purge" heran.
Auch nicht erwartet habe ich dieses ganze Drumherum: Auf den ersten 80 Seiten wird der Leser eigentlich nur in das erfolglose Leben des ersten Hauptprotagonist Ben eingeführt. Er schwimmt ständig im Selbstmitleid und zeigt ausschließlich unsympathische Charakterzüge, aber das ist erstmal nebensächlich. Viel mehr gestört hat mich dieser Schreibstil mit den ausführlichen Beschreibungen. Ich könnte Euch jetzt sicherlich an die 20 Straßennamen in Berlin aufzählen, nur weiß ich leider nicht, wofür die wichtig sind. Außerdem gibt es unglaublich sinnlose Gesprächsthemen, die sicher einiges an Recherche benötigt haben, aber einfach langweilig sind. Gegen Ende habe ich ganze Absätze überlesen.
Ein weiterer Kritikpunkt sind die verschiedenen Erzählperspektiven: Der Leser schlüpft sowohl in den Körper von Ben und Arezu - dem weiblichen Lotterieopfer -, als auch in den von Polizisten und Jägern. Leider haben mich deren Geschichte überhaupt nicht interessiert, sondern nur meinen Lesefluss gestört. Hinzukommend wirkte die Erzählgeschwindigkeit nicht rund: Manche Szenen kamen mir zu lang vor, andere hingegen wurden zu kurz abgehandelt, sodass ich nie in die Geschichte reinfinden konnte. Immer dann wenn es mal spannend wird, hört ein Kapitel auf und die Auflösung wird erst viel später in einer kurzen Zusammenfassung geschildert.
Zu guter Letzt hat mich der Mix aus allen möglichen Gesellschaftsproblemen gestört: Egal ob Mobbing, Suizid, Magersucht, Fakenews im Internet, skandalsüchtige Reporter, Ausländerfeindlichkeit oder Prostitution - Sebastian Fitzek muss wirklich alles kurz erwähnen und kritisieren. Weshalb nur? Auf mich wirkte das total gekünstelt und konstruiert, da Ben und Arezu für nichts eine Lösung finden.
Insgesamt war die Enttäuschung also mehr als groß. Ich habe mich unglaubliche 1,5 Wochen an diesem dünnen Buch aufgehalten und war mehrmals kurz vorm Abbruch. Genau das hat mir meine Mutter sogar empfohlen, da sie am Rande mitbekommen hat, wie sehr ich mich quäle. Sie selbst hat "AchtNacht" noch nicht gelesen, sondern nur andere Bücher von Sebastian Fitzek. Diese kommen für mich aber überhaupt nicht mehr in Frage, denn eine Chance genügt erstmal. Schade, aber so ist es nun mal: Dieser Exkurs in eine unbekannte Genre hat sich überhaupt nicht gelohnt und wird so schnell auch nicht wiederholt.
Ich hatte vor "AchtNacht" 1,5 Sterne zu geben - eigentlich. Nachdem ich es aber nun einige Tage hab setzen lassen, muss ich zugeben, dass es vor allem gegen Ende durchaus überraschende Wendungen gibt, die mich aber einfach nicht packen und berühren konnten. Es lag vielleicht nicht nur am Buch selbst, sondern auch zu einem kleinen Teil an mir. Ich kann in diesem Fall also einfach nicht objektiv sein, auch aus Mangel an Vergleichsmöglichkeiten, und werde keine Sternenbewertung abgeben.
Eure Laura
Hallo Laura, eine schöne Rezension die du da geschrieben hast! Ich war leider schon von dem Vorgängerbuch "Das Paket" ziemlich enttäuscht und habe bisher nicht wirklich viel gutes über "AchtNacht" gehört bzw. gelesen. Ich denke, ich werde auch Abstand von den Fitzek Büchern nehmen. Schade, aber scheint einfach nicht mehr so meins zu sein. Und ich lese eigentlich gerne Thriller.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Steffi
Hallo Steffi,
LöschenVielen Dank für deinen Besuch auf meinem Blog! :) "Das Paket" stand auch zu Hause und eigentlich hatte ich vor, es gleich nach "AchtNacht" zu lesen, aber das mache ich jetzt auf keinen Fall mehr. Vielleicht gebe ich irgendwann nochmal einem seiner älteren Bücher eine Chance, denn ich habe jetzt von vielen Leuten gehört, dass er damals noch "besser schreiben" konnte ... Kannst du mir ansonsten vielleicht noch irgendwelche anderen Triller bzw. Thrillerautoren empfehlen? ;*
Alles Liebe,
Laura.